Geschrieben von Punktepuker am 23.06.2006 um 03:34:
Mittalterliches Gedicht über eine Bauernhochzeit
Eine Satire über eine Bauernhochzeit, wie man sie heute noch im nicht allzufernen Oberland erleben könnte
Von Heinrich Wittenwiler, Ende 14.Jh
"Einer schlug die Schüssel mit der Faust,
dass die ganze Suppe saust
mitsamt dem Brot hinab zur Erde.
Da sagte sich jeder: Ehe ich sterbe
vor Hunger so will ich vergessen
den Dreck, den Kot und die Reste fressen,
und wäre es noch übler beschissen,
es blieb nicht ein einziger Bissen!
So geschah es, man lobte den edlen Geschmack.
Danach nahm ein jeder einen Sack
und breitete ihn im Grase aus.
Da wurde ein herrliches Tischtuch draus. (...)
Gerste- und Haferbrot indessen
konnte man genügend essen,
Roggenbrötchen gab es frisch
und fertig war der Hochzeitstisch.
Als das Schenken ein Ende nahm
gallopierten Frau und Mann
wie die Säue hin zum Trog.
Zum Händewaschen es niemanden zog
bis auf Frau Else und FahrindieKuh,
die hatten indessen auch Grund dazu,
weil sie inmitten der drängelnden Scharen
in die Scheisse gefallen waren (...)
Sie (Frau Else) wollte dem Wirt keine Schande tun
und fasste den Krug mit den Händen nun
und stiess Mund und Nase hinein,
so wundervoll schmeckte ihr der Wein,
wobei sie drin eine Schabe fand,
die zog sie heraus mit bloßer Hand,
dann trank sie weiter so emsig und flink,
bis ihr der Atem ausging. (...)
Niemand wollt ein Messer zücken,
man riss das Fleisch einfach in Stücken,
das war Vätersitte, ungebrochen.
Sie schlang das Brot und benagte die Knochen,
sie knabberte, biss und zerrte so viel,
dass ihr ein Zahn aus dem Rüssel fiel.
Morgen folgt Teil 2